„Selbstfürsorge (auch: Selbstsorge, englisch „Self Care“) ist der Prozess,
Zitat aus Wikipedia
sich auf physischer und psychischer Ebene um seine eigene Gesundheit zu kümmern„
Einleitung
Anlass dafür, dass ich mich mit diesem Thema tiefergehend beschäftigt habe, ist ein persönlicher Grund: Die vergangenen Jahre haben mich auf vielen Ebenen stark gefordert. Ich habe mich und meine Bedürfnisse zurückgenommen und vergessen, für mich selbst zu sorgen. Vergessen, Pausen zu machen. Vergessen, mich um meine Herzensthemen zu kümmern. Vergessen, Sport und Yoga zu machen. Vergessen, auch mal faul zu sein. Auch wenn es möglich ist, so eine Lebensweise sehr lange durchzuhalten und als leistungsfähig zu erscheinen, holt sie einen irgendwann ein und zollt Tribut. Und das ist der Moment, in dem das Thema Selbstfürsorge auf den Tisch kommt.
In diesem Beitrag möchte ich das Thema Selbstfürsorge aus dem Blickwinkel einer Yoga-Lehrerin betrachten. Wenn ich auf meinen bisherigen Unterricht zurückblicke, waren darin schon viele Aspekte enthalten, ohne dass ich es so benannt habe. Jetzt möchte ich die Selbstfürsorge im Yoga-Unterricht jedoch noch stärker fokussieren und so die Yogapraxis anreichern und stärken. Deshalb habe ich mich damit beschäftigt, wie das funktionieren kann.
So kommst Du zur Selbstfürsorge im Yoga-Unterricht
1. Erster Schritt der Selbstfürsorge: Wahrnehmen, wie Du Dich gerade fühlst.
Vielleicht kennst Du diesen Schritt ja schon aus der ersten Phase meines Yoga-Unterrichts, dem Ankommen. Es braucht Ruhe, Achtsamkeit, Raum und Fokus, um sich selbst wahrzunehmen. Folgende Fragen helfen dabei:
- Wie fühlt sich mein Körper?
- Womit ist mein Geist beschäftigt?
- Was macht meine Gefühlswelt?
Um gute Antworten auf diese Fragen zu erhalten, braucht es Offenheit und Gewahrsein im gegenwärtigen Moment.
2. Der zweite Schritt in der Selbstfürsorge ist anzunehmen, was Du wahrnimmst.
Ziel ist eine akzeptierende innere Einstellung: „Alles, was ich wahrnehme, darf so sein, wie es ist“. Also nicht bewerten, sondern annehmen. Das ist manchmal leichter gesagt, als getan. Nehmen wir an, ich stelle fest, dass ich körperlich erschöpft bin. Dann würde es mir gut tun, eher regenerativ zu üben. In der Yoga-Praxis hieße das, von den angebotenen Varianten die einfachste zu wählen, mich weniger anzustrengen und mir mehr Pausen zu gönnen. Das passt aber vielleicht nicht zu meinem Selbstbild „Ich bin sportlich“ oder „ich bin leistungsfähig“. Hier braucht es dann Einsicht und Nachsicht mit sich selbst. Erst mal den Konflikt aushalten („Ich bin fix und fertig, weiß ich sollte mich jetzt schonen. Ich kann das gerade noch nicht umsetzen.“). Und dann geht es Schritt für Schritt immer mehr in die Akzeptanz nach dem Motto: „Ich darf so sein, wie ich jetzt gerade bin“.
3. Jetzt ableiten, was Du brauchst und Dir genau das nehmen.
Wenn ich Yoga unterrichte, versuche ich zu vermitteln, dass Du als TeilnehmerIn für Dich sorgen kannst und viele Freiheiten in der Gestaltung hast. Meine Anleitung ist ein Angebot, aber Du entscheidest, was Du davon annimmst. Folgende Fragen können Dir helfen, selbst zu gestalten:
- wie intensiv möchtest Du heute üben?
- welches Körperteil muss heute geschont werden?
- welche der angebotenen Varianten einer Übung ist für Dich die passende?
- brauchst Du momentan vielleicht gerade eine komplett andere Übung?
Es ist an Dir, diese Freiheiten in Anspruch zu nehmen. Es kann vielleicht ein bisschen dauern, bis Du Dich traust, alles nach Deinen Bedürfnissen zu machen. Kleine Pause in der Rückenlage, während die anderen sich im Seitstütz abmühen? Aus meiner Sicht voll ok!
Fürsorglicher Fokus im Yoga-Unterricht
Dynamik zwischen Anspannung und Entspannung
Idealerweise fließt Dein Körper im Yoga-Unterricht zwischen Zuständen der Anspannung und Entspannung. Mach Dir bewusst, wenn Du Dich gerade körperlich anstrengst und nutze Pausen und Ausgleichsübungen bewusst. Meist gibt es nach einer Yoga-Haltung einen Moment des Nachspürens. Du kannst z.B. folgendermaßen vertiefen:
- Sag Dir innerlich: „Ich mache jetzt Pause, es gibt nichts zu tun. Alle Muskeln, die nicht gebraucht werden, lassen los.“
- Gib Dein Gewicht an den Boden ab und lass muskuläre Anspannung so gut wie möglich los.
- Atme tief und durch die geöffneten Lippen aus. Vielleicht kommt dabei auch ein Geräusch wie ein Seufzen oder Stöhnen zu Stande
Effizienz in den Yoga-Haltungen
Oftmals spannen wir in Yoga-Haltungen viel mehr Muskelgruppen an, als für die eigentliche Haltung benötigt werden. Es hilft, bewußt hinzuspüren, wo Du loslassen kannst. Typische Kanditaten, die sich unnötigerweise anspannen sind z.B.:
- Gesicht und Stirn
- Kiefermuskulatur
- Schultern
- Hände
Es lohnt sich auch die Frage: „Wie viel Kraft ist in dieser Haltung wirklich nötig und wo genau?“.
Pulsieren oder Pausen statt Dauerspannung
Wenn wir länger in einer Haltung stehen, wird diese manchmal starr und damit anstrengend. Wenn Du genunk Kraft hast, kannst Deine Haltung beleben, in dem du sie mit winzigen muskulären Impulsen vertiefst. Vielleicht erstarrst Du aber auch, weil die Übung für Dich gerade zu anstrengend ist. Dann hilft es, die Haltung bewußt aufzulösen und nach einer kurzen Pause wieder aufzubauen.